KV? Schnellkurs für Praxis & MVZ
Überblick Ärztliche Selbstverwaltung
Traditionell wird das deutsche Gesundheitswesen im Wesentlichen durch verschiedene Selbstverwaltungsorganisationen gestaltet.
Auf der ärztlichen Seite sind dies die Ärztekammern (ÄK) einerseits und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) andererseits. Beide sind regional organisierte Körperschaften des öffentlichen Rechts, in denen aufgrund gesetzlicher Vorgaben für Ärzte die Mitgliedschaft vorgeschrieben ist.
Mit Sitz in Berlin bilden die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung die ärztlichen Spitzenorganisationen, in denen wiederum die Länder-KVen, bzw. die Landesärztekammern Mitglied sind.
Die Landesärztekammern bilden die berufs- und standesrechtliche Vertretung und Aufsicht der Ärzteschaft. Hauptaufgabe ist die Regelung und Kontrolle der ärztlichen Pflichten, zum Beispiel über die Gestaltung der Berufs- und Weiterbildungsordnungen.
Alle approbierten Ärzte, die ihren Beruf im Kammergebiet ausüben – gleich ob ambulant oder imKrankenhaus – sind automatisch Pflichtmitglieder ihrer Kammer. Die Mitgliedschaft besteht unabhängig vom konkret ausgeübten Beruf stets lebenslang.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind dagegen ausschließlich und zeitlich begrenzt für die ambulante Versorgung zuständig. Die Pflichtmitgliedschaft erfasst damit jeweils nur die tatsächlich im ambulanten Bereich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung tätigen Ärzte und Psychotherapeuten.
Von der KV werden die entscheidenden Weichen für die Organisation der ambulanten Versorgung und damit insbesondere auch für die Vergütung der Vertragsärzte und der angestellten Kollegen gestellt. Beide Organisationen übernehmen innerhalb des Gesundheitssystems wichtige Aufgaben, deren Ausgestaltung jeder Arzt durch eigenes Engagement in der Selbstverwaltung aktiv mitbestimmen kann.
Die Vertreterversammlung jeder KV wird für sechs Jahre gewählt. Die nächste Wahl findet bundeseinheitlich im Herbst 2022 statt. Die Amtsperiode der KV-Vorstände folgt dieser Vorgabe und beträgt daher regulär ebenfalls sechs Jahre.
Entscheidungsfindung in der Kassenärztlichen Vereinigung
Aufgrund des Selbstverwaltungsstatus‘ treffen die KVen ihre Entscheidungen im Rahmen der gesetzlichen Normen weitgehend frei. Die Rechtsaufsicht über die KVen führt das Gesundheitsministerium des jeweiligen Bundeslandes.
Verantwortlich für die Entscheidungsfindung und Beschlüsse sind die von ihren Mitgliedern, also von den angestellten und niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten einer Region, gewählten Organe.
Diese Organe sind der Vorstand und als oberstes Gremium die Vertreterversammlung, die in einigen Regionen auch Abgeordnetenversammlung genannt wird. Deren Entscheidungen sind gegenüber allen Ärzten bindend und bilden damit den Ordnungsrahmen des ambulanten ärztlichen Handelns.
Die Vertreterversammlung, kurz VV, ist ein demokratisch gewähltes Ärzteparlament, das die Gesamtheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten repräsentiert. Sie fasst Beschlüsse in Grundsatzfragen der ambulanten Versorgung, besetzt die Mitglieder derverschiedensten Ausschüsse und Gremien und wählt die hauptamtlichen Vorstände.
Während dem KV-Vorstand die Vertretung der Mitgliederinteressen nach Außen obliegt, ist es Aufgabe der Vertreterversammlung, den dafür notwendigen Meinungsbildungsprozess KV-intern zu gestalten und zu steuern. Gleichzeitig kontrolliert sie das Vorstandshandeln und legitimiert es durch demokratische Willensbildung gegenüber der Ärzteschaft.
Für die Entscheidungsfindung von Vorstand und Vertreterversammlung sind die vielfältigen ärztlichen Ausschüsse und Gremien jeder KV maßgeblich. In ihnen findet ein Großteil der Sacharbeit statt, wes-wegen auch hier die breite Beteiligung von Ärzten von großer Bedeutung ist.
Um sich als Arzt aktiv, zum Beispiel in einer Fachkommission oder einem der vielen Ausschüsse zu engagieren, ist es in den meisten Fällen nicht Voraussetzung, Mitglied der Vertreterversammlung zu sein.
Vertragsärzte können mit halbem oder vollem Versorgungsauftrag zugelassen sein. Angestellte Ärzte können im Sinne der Bedarfsplanung außer in einer Vollzeitanstellung auch als ‚Viertel-, Halb- oder Dreiviertelarzt‘ tätig werden.
Die KV-Mitgliedschaft betrifft alle Ärzte, die mindestens im Umfang eines Versorgungsauftrages von 20,5 Wochenstunden GKV-Patienten behandeln. Sogenannte ‚Viertelärzte‘ sind damit in Bezug auf die Vertreterversammlung weder wählbar noch wahlberechtigt.
Mitgliedschaft in der Kassenärztlichen Vereinigung
Die Zulassung als MVZ oder Vertragsarzt stellt im Grunde eine Lizenz dar, die Voraussetzung für die Abrechnung von ärztlichen Leistungen zu Lasten der GKV ist.
Für selbstständig niedergelassene Ärzte ist mit dieser Zulassung zur Behandlung von Kassenpatienten automatisch die KV-Mitgliedschaft verbunden. Grundsätzlich sind daher alle Vertragsärzte Mitglied ihrer Landes-KV.
Für angestellte Ärzte gilt, dass das MVZ oder die anstellende Praxis Träger ihrer Zulassung ist. Dennoch sind sie in Verbindung mit der erteilten Anstellungs-genehmigung ebenfalls Mitglied der KV.
Damit sind sie ihren niedergelassenen Kollegen hinsichtlich der KV-Mitgliedschaft gleichgestellt und gleichberechtigt. Das MVZ selbst ist nicht Mitglied.
Alle Ärzte einer KV sind berechtigt und aufgerufen, sich in den verschiedensten Gremien und Ausschüssen zu engagieren. Denn für das Funktionieren der Selbstverwaltung ist es wesentlich, dass sich möglichst viele Ärzte mit ihrer Erfahrung und ihren unterschiedlichen Perspektiven einbringen.
Aus der Pflichtmitgliedschaft resultiert ein finanzieller Pflichtbeitrag. Denn die zur Erfüllung der KV-Aufgaben notwendigen Gelder werden aufgrund des Selbstverwaltungsprivilegs ohne staatliche Zuschüsse vollständig durch Beiträge aus der ambulanten Ärzteschaft selbst aufgebracht.
Dazu werden von der KV automatisch vom erwirtschafteten Honorar einer jeden Praxis – gleich ob mit angestellt oder niedergelassen tätigen Ärzten – anteilige Umlagen direkt einbehalten. Deren Gesamthöhe variiert von KV zu KV und liegt im Schnitt zwischen zwei und vier Prozent des Honorarumsatzes.
Die KBV ist den selbständigen Länder-KVen nicht weisungsbefugt.
Sie ist jedoch zusammen mit dem GKV-Spitzenverband über ihre Beteiligung in verschiedenen Bundesausschüssen z.B. für die für alle KVen verbindlichen Vereinbarungen zum EBM sowie für den Bundesmantelvertrag zuständig.
Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigung
Die Kassenärztlichen Vereinigungen bilden auf der ärztlichen Seite den organisatorischen Kern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sie erfüllen gemäß § 75 SGB V folgende Aufgaben:
- Sicherstellungsauftrag – Verpflichtung zur Sicher-stellung der vertragsärztlichen Versorgung
- Gewährleistungspflicht – Gewährleistung der ord-nungsgemäßen Durchführung der Versorgung
- Vertragshoheit – Abschluss von Verträgen zur Gestaltung der vertragsärztlichen Versorgung
- Ausschussbesetzung – Recht zur Besetzung von Ausschüssen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen
Im Detail ist das Aufgabenspektrum der Kassenärztlichen Vereinigungen ebenso breit wie vielfältig:
Nach Außen sorgen sie dafür, dass flächendeckend ausreichend Ärztinnen und Ärzte für die ambulante Versorgung zur Verfügung stehen, dass auch in sprechstundenfreien Zeiten ein ärztlicher Notdienst vorhanden ist sowie dafür, dass die Qualität der Leistungen stimmt.
Nach Innen prüfen und bearbeiten sie die Abrechnung der über die Quartalsabrechnung eingereichten Leistungen und sorgen für die Verteilung des knappen Gesamthonorars auf die einzelnen Ärzte, Praxisstrukturen und Fachgruppen. Zu diesem Zweck wird von jeder KV in Ausgestaltung des EBM ein regionaler Honorarverteilungsmaßstab erstellt und regelmäßig angepasst.
Gleichzeitig wahren die KVen im Sinne einer Interessenvertretung die Rechte der Ärzteschaft als Ganzes – dies insbesondere gegenüber den Krankenkassen, aber auch gegenüber Staat und Gesellschaft.
Die Vertretung wirtschaftlicher und rechtlicher Interessen einzelner Ärzte gehört dagegen nicht zum Aufgabenbereich der KV.
Gemäß SGB V ist je Bundesland eine KV zu bilden. In Nordrhein-Westfalen ist die Verantwortung jedoch in die Regionen „Nordrhein“ und „Westfalen-Lippe“ unterteilt. Insgesamt gibt es damit siebzehn regionale KVen und die mit dem Kürzel ‚KBV‘ versehene Bundes-KV.
Ärzte & ihre Interessen in der Kassenärztlichen Vereinigung
Bei angestellt tätigen Ärzten erfolgt der Start in die ambulante Medizin oft mit geringem Kontakt zur KV. Daher sind sie sich der großen Relevanz die-ser ärztlichen Selbstverwaltungskörperschaft für ihre Arbeit häufig nicht bewusst.
Dabei sind neben den selbständig niedergelassenen Ärzten – mit wenigen Ausnahmen – auch alle angestellten Ärzte, die ambulant in MVZ oder Praxis tätig sind, zur Mitgliedschaft in ihrer Kassenärztlichen Vereinigung verpflichtet.
Vor diesem Hintergrund ist es für jeden Arzt von Bedeutung, seine Rechte und Pflichten gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu kennen und dafür zu sorgen, dass seine spezifischen Interessen in der Arbeit und den Entscheidungen der KV Berücksichtigung finden.
Wichtig ist daher die aktive Beteiligung bei den Wahlen zur Vertreterversammlung, aber auch die Mitarbeit in KV-Ausschüssen und den Fachkommissionen.
Warum sollten sich Ärzte mit der KV befassen?
- In der regionalen KV werden die wesentlichen Entscheidungen über Honorare und Vergütung der ärztlichen Leistungen, aber auch zu vielen recht-lichen Fragen getroffen.
- Die KV ist zudem verantwortlich für Qualitätssicherungsmaßnahmen in den einzelnen Fachrichtungen sowie für die Organisation und Kontrolle der Abrechnung.
- Oberstes Gremium ist die Vertreterversammlung, die von der Ärzteschaft direkt aus ihrer Mitte gewählt wird und für die sich jedes KV-Mitglied zur Wahl stellen kann.
- Um die Interessen der Ärzteschaft gleichberechtigt vertreten zu können, ist es wichtig, dass sich auf allen Ebenen der KV die Fachgruppenvielfalt, aber auch die teilweise unterschiedlichen Perspektiven der Vertragsärzte und ihrer angestellten Kollegen widerspiegeln.